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Ernährung bei Reizdarm: So ernähren Sie sich richtig

Dass Ernährung als wichtiger Faktor für die Bändigung des Reizdarmsyndroms gesehen wird, war nicht immer so. Noch vor einigen Jahren haben viele Ärzte Lebensmittelursachen bei Reizdarmbeschwerden als Humbug abgetan. Heute wiederum betonen immer mehr Experten die absolut elementare Stellung, die die westliche Ernährungsweise bei der Entstehung und dementsprechend auch bei der Linderung des Reizdarmsyndrom einnimmt. 

Eine spezielle Diät ist also nur folgerichtig, wenn Sie Ihre Reizdarmsymptome in den Griff bekommen möchten. Die Frage ist nur: Worauf verzichte ich am besten? In diesem Artikel präsentieren wir vier der verbreitetsten und effektivsten Nahrungseinschränkungen im Bereich Reizdarm. 

Was hilft bei Reizdarm wirklich?

Viele Anbieter locken betroffene Menschen mit Reizdarm mit übertriebenen Heilversprechen, aber was kann Ihnen wirklich weiterhelfen? Machen Sie den Test!

Das Flaggschiff der Reizdarm-Diäten: Keine FODMAPS mehr! 

FODMAPs sind böse. Dieses Mantra bestimmt die Low-FODMAP-Diät und ist in Studien bisher erstaunlich erfolgreich. Verzichtet man einige Zeit auf Lebensmittel mit dem ungeliebten Akronym, steht die Chance gut, dass sich der Darm wieder erholt. Also gilt es hier zunächst einmal, zu erläutern, was diese FODMAPs überhaupt sind.

Langes Wort, schnell erklärtes Problem

FODMAP steht für “Fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole” und macht sofort klar, warum man sich lieber für die Abkürzung entschieden hat. Biochemisch betrachtet, handelt es sich bei den aufgeführten Begriffen um kurzkettige Kohlenhydrate, die in einer ganzen Reihe unserer Nahrungsmittel vorkommen. Das Problem mit ihnen: Sie fermentieren zu schnell (d. h., sie verwandeln sich zu schnell in Gase) und sind dann auch noch schwer verdaulich.1

Kabinett des Verzichts

Fruktose, Fruktane, Sorbit, Laktose und Galaktane gehören allesamt zu dieser Kategorie und sind leider in einer Vielzahl an Lebensmitteln vorhanden. Um nur eine kleine Auswahl vorzustellen: Zu den “bösen” Produkten gehören Blumenkohl, Erbsen, Pilze, Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Joghurt, Milch, Weizen, Roggen, Gerste, Kichererbsen, Linsen, Mandeln, Zwiebeln, Knoblauch, Honig, Fruchtsäfte und Schwarzer wie auch Kamillentee. Keine schöne Liste, die tatsächlich sogar noch länger ist und z. B. hier (https://www.reizdarmtherapie.net/reizdarm-1/lindernde-ern%C3%A4hrung-bei-reizdarm/) nachgelesen werden kann. 

6-8 Wochen durchhalten

Die Dauer einer FODMAP-Diät ist dabei auf 6-8 Wochen angelegt. Doch schon vor deren Ende kann die Zahl der FODMAPs bereits langsam wieder hochgefahren werden. Das hilft auch, um zu schauen, ab welcher Dosierung Probleme auftreten oder welche Nahrungsmittel besondere Schwierigkeiten mit sich bringen.

Fazit: 86% profitieren

Insgesamt ist die FODMAP-Diät für Reizdarmpatienten als erster Schritt empfehlenswert. Eine dänische Studie fand 2016 heraus, dass diese Form der Nahrungseinschränkung bei 86% der Probanden positive Ergebnisse zeitigte. Andere Untersuchungen unterstreichen diese positive Einschätzung. 2 – 5 Wenn Sie noch mehr zur Low-FODMAP-Diät erfahren möchten, besuchen Sie unseren Einzelartikel zu dem Thema: FODMAP-Diät bei Reizdarm.

Gluten Reizdarm

1. Gluten

Kein Gluten – keine Symptome?

Glutenverzicht hat sich in Studien bei einigen Fällen des Reizdarms als sehr effektiv herausgestellt. Verständlicherweise gilt das zum einen natürlich für den Teil der Patienten, deren Reizdarmbeschwerden von einer Zöliakie, also einer Glutenunverträglichkeit, herrührten. Doch auch außerhalb der Zöliakie-Erkrankten scheint Gluten einen negativen Einfluss auf Reizdarmbeschwerden zu haben. 

Übeltäter Fruktane

Den Grund für die Glutenproblematik sehen Forscher bei der Darmbarriere. Im Darm eines Reizdarmpatienten stört Gluten diese Wand massiv und macht sie durchlässig. Im Englischen wird dies „Leaky Gut Syndrome“ genannt. Eine weitere Ursache für das schlechte Benehmen Glutens im Darm kann in seiner Eigenschaft als Fruktane-Träger gefunden werden. Fruktane gehört zu den oben beschriebenen FODMAPs, die die Verdauung erschweren. Gluten eröffnet bei seinem Eintritt in einen Reizdarm also direkt einen Mehrfrontenkrieg, den ihr Magen dann ausfechten muss. 

Fazit: Durchfallrückgang dank Glutenverzicht

Mit einer Glutendiät sollte man sich als Reizdarmbetroffener also durchaus auseinandersetzen. In einer Studie von 2013 bewirkte der Glutenverzicht bei Reizdarmpatienten etwa einen Durchfallrückgang, eine Studie aus dem Jahr 2007 stellte sogar fest, dass nach einem halben Jahr Glutendiät 60% der beteiligten Reizdarmpatienten gar keine Symptome mehr aufwiesen.6, 7

2. Kohlenhydrate

Was kann die Spezielle Kohlenhydrat-Diät? 

Eine Spezielle Kohlenhydrat-Diät (SCD) tut im Grunde genau das, was ihr Name bereits andeutet: Sie fordert den Verzicht auf spezielle Kohlenhydrate. Genau genommen solche, die schwer verdaulich sind. Hier ähnelt die Diät der Low-FODMAP-Diät, auch wenn sie auf den ersten Blick einen noch strengeren Eindruck macht. Doch die SCD begründet gut, warum so vieles nicht mehr auf den Teller kommt.

Zucker über Zucker

Kohlenhydrate sind nicht einfach Kohlenhydrate, sondern bestehen aus verschiedenkettigen Zuckermolekülen. So sind Monosaccharide Einfachzucker, während Polysaccharide eine riesige Menge an Zuckerbausteinen besitzen können (teils mehrere 100.000). Auch Disaccharide (Zweifachzucker) und Oligosaccharide (Mehrfachzucker) tauchen schon in der FODMAP-Abkürzung auf, und werden gleichsam bei der SCD als Problem identifiziert. 

Das Spaltungsübel 

Der Moment, in dem Kohlenhydrate zur Belastung werden, tritt ein, wenn der Dünndarm es nicht mehr schafft, sie angemessen zu spalten. Bei einer funktionierenden Verdauung machen sich Bakterien im Dünndarm daran, die mehrkettigen Kohlenhydrate zu zerteilen. Funktioniert diese Spaltung nicht mehr, wandern die Zuckerketten in den Dickdarm. Hier findet die Zerteilung dann statt – aber unter großem Aufwand! Bei der Fermentation, wie der Prozess genannt wird, entstehen zum Beispiel Gase, die sich als Blähungen äußern.

Gleichgewicht wird verloren 

Die im Dickdarm arbeitenden Bakterien, Hefen und Pilze, die sich über die Kohlenhydrate hermachen, verursachen nicht nur Blähungen, sondern sind auch für viele der typischen Reizdarmbeschwerden verantwortlich: Verstopfung, Durchfall oder Magenkrämpfe. Durch die stete Fütterung breiten sich zudem solche Bakterien aus, die die Kohlenhydrate spalten. Dadurch bringen sie die Darmflora aus der Balance und überwuchern unseren Darm. Auch die Nährstoffe und die Energie, die Kohlenhydrate eigentlich mit sich tragen, verpuffen im Dickdarm. So gesellt sich auch noch eine Mangelernährung zu unseren Problemen.  

Worauf wird konkret verzichtet? 

Eine SCD unterbindet die Zufuhr von mehrkettigen Kohlenhydraten, um die Reizdarmsymptome wieder in den Griff zu bekommen. Dafür steht natürlich Mäßigung an erster Stelle. Hier eine Auswahl dessen, auf das verzichtet werden muss: 

Getreide (auch kein Reis oder Brot), Kartoffeln, verarbeitetes Fleisch, mancher Käse, verarbeiteter Fisch, Milch, Bier, Schokolade, Zucker, Margarine. Und das ist nur eine Auswahl. Eine umfassendere Liste mit Informationen zu jedem Lebensmittel kann hier eingesehen werden: https://scd-blog.de/lebensmittel/

Was sagen Studien? 

Studien zur SCD gibt es nicht viele. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2011 aber weist darauf hin, dass die SCD sehr wohl positive Ergebnisse mit sich bringt. So konnten 9 der 11 untersuchten Patienten dank der Diät ihre Medikation verringern. Das Sample ist mit 11 Probanden jedoch offensichtlich zu gering, um weitere Schlüsse daraus folgern zu können.   

Fazit: Einen Versuch ist es immer wert 

Die Spezielle Kohlenhydrat-Diät überzeugt Menschen schon seit den 1950er-Jahren. Und auch wenn die Low-FODMAP-Variante ihr mittlerweile den Rang abgelaufen hat, lohnt es sich gerade für Menschen, bei denen diese Diät nicht angeschlagen hat, der SCD eine Chance zu geben. Die teils restriktivere Auslegung – etwa Verzicht auf Reis – könnte Wunder wirken.  

Reizdarm online Test

Was hilft bei Reizdarm weiter?

Welche Medikamente und Maßnahmen in Ihrer Situation weiterhelfen, finden Sie in einem kurzen Test heraus:

3. Ballaststoffe

Umstrittene Ballaststoffe

Helfen sie oder nicht? In Fachkreisen ist die Frage umstritten, ob mehr Ballaststoffe dem Reizdarmsyndrom zuträglich sind oder im Gegenteil die Sache gar noch schlimmer machen. Die alte Schulmeinung bleibt klar bei der Annahme, dass Ballaststoffe, die sich etwa in Reis oder Kartoffeln finden, grundsätzlich einen positiven Effekt auf Reizdarmpatienten haben. Denn bei Verstopfung würden die Ballaststoffe im Darm etwa aufquellen und so durch den auf die Darmwand ausgeübten Reiz die Darmpassage beschleunigen.8

Lieber löslich? 

Das muss jedoch nicht immer der Fall sein. Kommt der Stuhl trotz Ballaststoffzufuhr nicht in Bewegung, können noch mehr Ballaststoffe auch schädlich sein. Studien fanden allerdings heraus, dass lösliche Ballaststoffe (etwa in Flohsamenschalen) in diesen Fällen helfen können.9 Ebenso fatal können Ballaststoffe bei Durchfall wirken. Eine Untersuchung stellte fest, dass eine Gruppe Reizdarmpatienten des Durchfalltypus, die mit Ballaststoffen “behandelt” wurde, schlechter abschnitt als die zum Vergleich herangezogene Placebo-Gruppe.10

Fazit: Gemach mit den Ballaststoffen 

Unreflektiert die veraltete Schulmeinung zu übernehmen, Ballaststoffe seien gut bei Reizdarm, ist sicherlich nicht zielführend. Es kommt hier zunächst auf den Reizdarm-Typ an und dann auch noch auf die Frage: lösliche oder unlösliche Ballaststoffe? Unterm Strich kann man also empfehlen, mit Ballaststoffen behutsam zu experimentieren – und im Hinterkopf zu behalten, dass auch eine Low-FODMAP-Diät die Ballaststoffzufuhr bereits verringert.   

Aktuell: CBD Öl bei Reizdarm? Studien machen Hoffnung, mehr dazu unter: www.reizdarmselbsthilfe.org/cbd-reizdarm

Bei Reizdarm auch auf CBD setzen? 

Nicht nur die Ernährung ist bei Reizdarmsyndrom eine Stellschraube, an der sich drehen lässt. Auch mit Cannabinoiden lassen sich erstaunliche Erfolge erzielen. CBD ist der nicht-psychoaktive Stoff im Cannabis und kann unseren Körper im Kampf gegen Reizdarm gezielt unterstützen. Der Grund liegt im Darm selbst und beruht auf einem faszinierenden System.11-13

Wie das genau funktioniert, können Sie hier erfahren: Übersicht CBD bei Reizdarm.

Renate Becker – Reizdarmselbsthilfe

Renate Becker

Gründerin reizdarmselbsthilfe.org

Frau Becker hat das Selbsthilfe-Portal „Reizdarmselbsthilfe“ gegründet und freut sich auf Ihre Fragen und Kommentare an info[at]reizdarmselbsthilfe.org.