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Darmerkrankung

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa – Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit dem Reizdarm Syndrom

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa gelten als chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CED). Unter diesen “umbrella term” (Dachbegriff) fällt das Reizdarmsyndrom (RDS) bisher noch nicht. Dabei gibt es gute Gründe, warum sich das ändern sollte.

Denn die Ähnlichkeit des RDS zu Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist mehr als die Überschneidung von Symptomen – die Verwandtschaft geht tiefer. Bis hinein in unseren Denkapparat.

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Worin gleichen sich CED und Reizdarmsyndrom – und worin nicht? 

Offensichtlich haben Betroffene von CED und RDS alle Probleme mit ihrer Verdauung. Das reicht freilich nicht, um die Erkrankungen in die gleiche Schublade zu stecken.

Bis 2016 galt das RDS sogar noch als funktionelle Störung, was eine psychosomatische Ursache der Beschwerden nahelegt und strukturelle Änderungen im Darm ausschließt.

Dementsprechend war und ist bis heute der entscheidende Unterschied zwischen CED und RDS die EntzĂĽndung von Teilen des Darms.

Während Morbus Crohn Dick- und/oder Dünndarm befällt, schlägt Colitis ulcerosa im Rektum auf (also auch im Dickdarm).1

Beim RDS sind aber keine solchen Entzündungen vorzufinden – auch deswegen ging man lange davon aus, dass die Krankheit nicht im Darm, sondern im Kopf entstehe.

Die fatale Immunaktivierung 

Eine Immunaktivierung der Darmschleimhaut kann bei CED- und Reizdarmbeschwerden einige Probleme auslösen und auch ursächlich für die Krankheit sein. Davon gehen zumindest einige Studien aus.

Bei den CED fällt diese Immunaktivierung so stark aus, dass sich Ulzerationen, Fibrosen oder Strikturen bilden können. Zu Deutsch in gleicher Reihenfolge: Geschwüre, Vernarbungen oder die Verengung des Organs – in diesem Fall des Darms.

Und wie kommt es zu der Immunaktivierung der Darmschleimhaut?

Grund dafür ist wahrscheinlich eine starke Vermehrung der Mastzellen, was – und jetzt wird es spannend – ebenso bei Morbus-Crohn- und Colitis-ulcerosa-Patienten feststellbar ist.

Auch wenn die CED-Betroffenen noch weitaus höhere Zahlen an Mastzellen in die Labore spülen, ist auch der Bestand bei RDS-Erkrankten im Vergleich zu gesunden Personen deutlich erhöht.

Die ĂĽberaktiven Mastzellen sorgen dann fĂĽr die typischen Symptome.2 Und die Mastzellen sind nicht das einzige Problem bei CED- und RDS-Patienten.

Die Zahl der proentzündlichen Zytokine (insbesondere IL6 und IL8) sind ebenso erhöht. Auch der für CEDs typische, erhöhte Calprotectin lässt sich gleichsam beim RDS beobachten.

All das unterstĂĽtzt die Vermutung, dass in beiden Fällen eine Immunaktivierung vorliegt. 

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Vom Bauch zum Hirn 

Die Verbindung zwischen Bauch und Hirn ist in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der Forschung gerückt.

Mittlerweile ist man sich relativ sicher, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Darmerkrankungen und Nervensystem.

So wurde etwa herausgefunden, dass nicht nur die im Gehirn liegenden Nervenzellen auf das Immunsystem Einfluss nehmen, sondern auch anders herum das Immunsystem mit dem Gehirn kommuniziert.

Eine Immunaktivierung im Darm geht also auch an unserem Denkapparat nicht spurlos vorĂĽber.

Für CED wie RDS gilt dementsprechend aber ebenso: Psychische Belastungen wie Stress oder Depressionen können eine Immunreaktion hervorrufen und somit zum Urheber von Darmproblemen werden.

Gibt es durch diese Verbindung auch einen Vorteil fĂĽr Betroffene? Ja! Denn es bedeutet, dass man mit Psychotherapie und EntspannungsĂĽbungen vom Kopf aus seine Beschwerden lindern kann.3

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Enterische Nerven: Warum sie so wichtig sind 

Das Nervensystem des Darms, auch enterisches Nervensystem genannt, ist nachvollziehbarerweise ein wichtiger Faktor in der Frage, wie wir Vorgänge in unserem Darm wahrnehmen und empfinden.

Bei RDS-Patienten wurde festgestellt, was auch bei CED-Betroffenen gilt:

Die enterischen Nerven verändern sich. Grund dafür sind wahrscheinlich die Entzündungen oder Infektionen, die mit den Darmerkrankungen einhergehen.

Die sogenannte Nerven-Remodellierung führt dann bei Betroffenen zu einem erhöhten Schmerzreiz. Das bedeutet, dass Sie wesentlich schneller Schmerz empfinden als gesunde Person. Eine komplizierte Verdauung wird dadurch auch physisch zur Belastung.4 

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Darmflora könnte Diagnosestütze werden

Das legt zumindest eine niederländische Studie neueren Datums nahe: In dieser Studie wurde die Darmflora von Reizdarmpatienten mit der von CED-Erkrankten verglichen.

Beide Gruppen hatten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen ein teils stark verändertes Mikrobiom (Darmflora). Viele Bakterienarten fehlten gleich gänzlich.

Dominierend war bei CED-Erkrankten sogenannte Bacteriodetes – während bei RDS-Patienten Firmicutes vorherrschten. Beides Bakterienstämme, die nicht zu den Führungsfiguren gesunder Menschen gehören. Hier wird der Darm vor allem von Actinobacteria bevölkert.5

Die gute Nachricht: Mit einer Nahrungsumstellung und einer Präbiotika-Therapie können Sie Ihrer Darmflora aktiv beim Wiederaufbau helfen! 

Genetik spielt tragende Rolle

Manchmal kann man eben wenig dafür. Dass es “Risikogene” für eine Erkrankung an Morbus Crohn, Colitis ulcerosa gibt, ist bereits gut belegt. Auch für das RDS sind genetische Faktoren in mehreren Studien aufgefallen.

Zuletzt machte eine Untersuchung der Tierärztlichen Hochschule Hannovers Schlagzeilen, in der eine Genveränderug entdeckt wurde, die bei RDS-Betroffenen doppelt so häufig vorkommt wie in der Normalbevölkerung.

Problem der Genveränderung sei eine vernachlässigte Kohlenhydratabfuhr aus dem Darm: Die Kohlenhydraten verbleiben im Darm und führen zu Verdauungsstörungen.

Eine Enzym-Ersatztherapie kann Betroffenen helfen. Die Studie betont allerdings, dass nur bei einem kleinen Teil der RDS-Erkrankten die Genveränderung als ursächlich für die Beschwerden angesehen werden kann.6

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Was bedeuten die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen CED und RDS? 

Die Meinung, das Reizdarmsyndrom sei eine psychosomatische Störung – entstehe also im Kopf -, ist nicht mehr zeitgemäß.

Das haben wir schon in der Einleitung dieses Artikels nahegelegt. Mit der jüngsten definitorischen Änderung erkannte die Ärzteschaft an, dass beim RDS strukturelle Veränderungen im Darm vor sich gehen.

Wenn auch nicht so offensichtlich wie bei den CED, stehen sie doch in Parallele zu denen, die bei Morbus-Crohn- oder Colitis-ulcerosa-Erkrankten passieren. Dass es auch viele Unterschiede zwischen den einzelnen Krankheiten gibt, darf dabei natĂĽrlich nicht vergessen werden! 

Die Abkehr von der Kategorisierung als funktionelle Störung und das Näherrücken an die CED kann für RDS-Patienten positive Effekte zeitigen.

Die Sensibilisierung fĂĽr die Erkrankung schreitet voran. Zum einen.

Zum anderen hat die Forschung neue Ansätze, die sie bei der Suche nach einer Heilungsmethode verfolgen kann. Und schlieĂźlich haben RDS-Patienten nun ganz konkret den Nachweis, an einer “echten” Krankheit zu leiden – und können somit vielleicht Erleichterungen am Arbeitsplatz erwirken. 

CBD hilft gegen Beschwerden

Aktuell: Neuere Studien haben herausgefunden, dass CBD Ă–l einen schmerzlindernden Effekt bei CED- und RDS-Beschwerden hat.
Grund dafür ist ein Stoff, der unser Körper sonst eigentlich selbst herstellt. Mehr dazu unter: www.reizdarmselbsthilfe.org/cbd-reizdarm

Renate Becker – Reizdarmselbsthilfe

Renate Becker

GrĂĽnderin reizdarmselbsthilfe.org

Frau Becker hat das Selbsthilfe-Portal „Reizdarmselbsthilfe“ gegründet und freut sich auf Ihre Fragen und Kommentare an info[at]reizdarmselbsthilfe.org.